Mit dem Länderreport Sachsen setzt Wirtschaft+Markt die im ersten Halbjahr 2023 mit Brandenburg, Thüringen begonnene Recherche-Serie fort. Auch diesen Report werden wir in mehreren Teilen veröffentlichen, denn es gibt mehr zu berichten, als man so gemeinhin denkt.
Teil 1 – 14.10.2023: Die TSMC-Fabrik beflügelt Sachsens Wirtschaft
Teil 2 – 22.10.2023: Sachsens Automobilbranche im Wandel
Teil 3 – 28.10.2023: Schwächen bei erneuerbaren Energien
Teil 4 – 04.11.2023:Life Sciences mit großem Potenzial
Teil 5 – 18.11.2023: Die Wiege des Maschinenbaus
Teil 6 – 25.11.2023: Wichtige Drehscheibe für die Logistik/Umbau der Kohleregionen schreitet voran
Teil 2: Sachsens Automobilbranche im Wandel
Sachsen ist nach wie vor ein Autoland: Im Freistaat produzieren fünf Fahrzeug- und Motorenwerke von Volkswagen, BMW und Porsche. Rund 780 Zulieferer, Ausrüster und Dienstleister komplettieren das Bild. Die über 95.000 Beschäftigten rund um die Autoherstellung erbringen über ein Viertel der sächsischen Industrieproduktion. Über 80 Prozent der Arbeitsplätze sind in der Zulieferindustrie daheim.
Foto: Volkswagen AG
Die Volkswagen Sachsen GmbH betreibt das Fahrzeugwerk in Zwickau, das Motorenwerk in Chemnitz sowie die Gläserne Manufaktur in Dresden. In Leipzig haben sich BMW und Porsche mit großen Produktionswerken angesiedelt. Etwa jeder achte in Deutschland gebaute Pkw kommt aus Sachsen.
Doch auch die sächsische Automobilbranche muss den Wandel hin zur Elektromobilität, zu Hybridfahrzeugen, zum autonomen Fahren und zur nachhaltigen Mobilität bewältigen. Bisher sieht sich der Freistaat für die neue Zeit gerüstet: Nirgendwo in Europa werden mehr E-Autos gebaut als in Dresden, Leipzig und Zwickau. Der sächsische Wirtschafts-, Arbeits- und Verkehrsminister Martin Dulig ist sich deshalb sicher: „Die Transformation in der sächsischen Automobilindustrie ist bislang sehr gut gelungen.“
Im Jahr 2022 wuchs die Produktion von E-Pkw in Sachsen um rund 18 Prozent auf 243.000 Stück. Das entspricht etwa 40 Prozent der insgesamt in Deutschland produzierten vollelektrischen Fahrzeuge. In den Werken in Zwickau, Dresden und Leipzig werden sieben E-Modelle der Marken VW, Audi, Seat/Cupra und BMW gefertigt. Nach dem Volkswagen-Werk in Zwickau beschreitet auch das BMW-Werk in Leipzig mit dem Modell “Mini Countryman” den Weg ins E-Auto-Zeitalter.
Die Bayern erweitern gegenwärtig ihr Werk in Leipzig. Mehr Platz für mehr Produktion, heißt die Devise. Deshalb soll ein Großteil der Logistik aus dem aktuellen BMW-Werk in ein künftiges Versorgungszentrum ausgelagert werden. Die Investition in der Messestadt ist Bestandteil des Aufbaus der E-Komponentenfertigung, in die bis Ende 2024 mehr als 800 Millionen Euro bei BMW fließen – in Batteriemodullinien, Zelllacklinien oder Hochvoltbatteriemontagelinien.
Foto: W+M
Der Sportwagenhersteller Porsche folgt 2024 mit dem Bau des Macan E in seinem Leipziger Werk, das seit 2019 zu einem Kompetenzstandort für Elektromobilität umgewidmet wird. Für den E-Macan ist dort ein neuer Karosseriebau entstanden. Die Montagelinie kann zukünftig Fahrzeuge mit drei verschiedenen Antriebsarten produzieren – Verbrenner-, Hybrid- und E-Fahrzeuge. Porsche Leipzig ist mit mehr als 4.300 Beschäftigtem einer der größten Arbeitgebern im Leipziger Raum und produziert täglich rund 550 Fahrzeuge der Modelle Macan und Panamera.
Der traditionsreiche VW-Standort in Zwickau ist weltweit die erste Großserienfabrik, die mit Investitionen von 1,2 Milliarden Euro vollständig von Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb umgestellt wurde. Fast 40 Prozent des Investitionssumme flossen allein in die Erneuerung des Karosseriebaus. Mit der Produktion von E-Fahrzeugen kommt Zwickau eine Schlüsselrolle im VW-Konzern zu.
Dazu werden seit 2012 in Kamenz nahe Dresden von der Accumotive GmbH & Co. KG, einer Tochter der Mercedes Benz AG, von etwa 1.300 Beschäftigten hochentwickelte Antriebs-Batterien für Hybrid- und Elektrofahrzeuge von Mercedes-Benz sowie für Nutzfahrzeuge des Stuttgarter Konzerns gefertigt.
Ohne Verluste geht die Transformation der Branche aber auch nicht in der sächsischen Automobilindustrie ab. Das Gelenkwellenwerk GKN in Zwickau-Mosel steht vor der Schließung, ebenso das Werk des japanischen Automobilzulieferers Sumitomo in Oberseifersdorf. Es geht aber auch anders: Der Zulieferer Vitesco Technologies in Limbach-Oberfrohna, wo früher Dieselinjektoren und zu DDR-Zeiten Bremsen für den Trabant produziert wurden, liefert nun der Wasserstoff-Produktion der Dresdner Sunfire AG zu. Die strategische Partnerschaft ermöglicht es Sunfire, die Serienfertigung seiner Druck-Alkali-Elektrolyseure schon in diesem Jahr aufzunehmen. In seinen Fertigungshallen wird Vitesco Technologies die Zellen zu sogenannten Stacks stapeln, die das Herzstück eines Elektrolyseurs bilden. Und der japanische Automobilzulieferer TD Deutsche Klimakompressor GmbH, ein Tochterunternehmen der japanischen Automobilzulieferer Toyota Industries Corporation und Denso, will sein Werk in Bernsdorf zum europaweit größten Produktionswerk für elektrische Kfz-Klimakompressoren umbauen.
Damit in Sachsen nicht nur E-Autos vom Band, sondern auch über die Strassen des Freistaats rollen, investiert das Land auch in den Aufbau des Ladenetzes. Bisher sieht man sich diesbezüglich auf einem guten Weg. Im Ladenetzranking des Verbandes der Automobilindustrie vom November 2021 lag Sachsen im Ländervergleich bei Schnellladepunkten auf Platz 3 und bei Normalladepunkten auf Platz 1.
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