Vor acht Jahren verschlägt es Dr. Claus Gernert aus Hamburg nach Tangermünde. Im Norden Sachsen-Anhalts findet er in der dGW Gummiwerke AG seine Berufung. Der Chemiker nutzt sein Wissen über Material und Möglichkeiten, mixt es mit cleveren Vertriebsangeboten und stellt das 2007 gegründete Unternehmen für die Zukunft auf. Was hier vom Band rollt, ist selten groß und wenig zu sehen. Aber als Bauteil unverzichtbar.
In den Trocknern und Geschirrspülern der Firma Miele läuft nichts ohne das kleine Gummiteil aus Tangermünde. Die schwarze Kappe verhindert, dass bei einem Stromausfall ungewollt Wasser aus den Haushaltshelfern entweicht. Beim Glasfaserbau verbaut die Telekom in ihren Schränken Kabel mit Abgängen, die mit Tüllen aus dem Gummiwerk in Sachsen-Anhalt (dGW) geschützt werden. Von dort kommen auch Räder für Boards, mit denen Wintersportler ihre Übungsrunden drehen. Drei Beispiele, die zeigen, wo überall ein dGW-Teil drinstecken kann. „Viele unserer Produkte werden so verbaut, dass sie nicht zu sehen sind, befinden sich aber meist an wichtigen Stellen“, sagt Werksleiter Dr. Claus Gernert. Der Wahl-Tangermünder wird nicht müde, darüber zu sprechen, setzt sich dafür auch Stunden hinters Steuer, besucht potenzielle Kunden, lässt sie Material befühlen. Er weiß, dass „Gummi haptisch ist“, und „dass jeder, der es angefasst hat, besser darüber reden kann.“
„Wir sind schnell im Adaptieren von Kundenwünschen.“
Wenn das Interesse erstmal entfacht ist, packt der gebürtige Norddeutsche alles auf den Tisch, was sie im altmärkischen Unternehmen zu bieten haben. Das ist sehr viel. Es beginnt damit, dass der Mittelständler für jeden Kunden genau das anfertigt, was gebraucht wird. „Wir sind sehr schnell im Adaptieren von Kundenwünschen für Stückzahlen bis zu 100.000“, sagt Dr. Gernert. In jeder der drei Schichten entstehen mehr als 1.000 Formteile – Dichtungen, Gummimanschetten, Schläuche und andere Montageteile, die im Anlagen- und Automobilbau gebraucht werden. Die Produkte aus Tangermünde landen zum größten Teil bei mittelständischen Automobilbauern, Infrastruktur-Unternehmen, Sportartikel-Herstellern oder Industriekunden in Deutschland. Aber auch Unternehmen aus den USA und angrenzenden europäischen Staaten schätzen die Qualität. Die Tangermünder können jede Gummi- oder Kautschukmischung verarbeiten. Zudem liefern sie ab, wenn es um die Fertigung von Zweikomponenten-Bauteilen geht: Sie kombinieren unterschiedliche Gummisorten, Gummi mit Kunststoff oder Gummi mit Metall. Weit über die Bundeslandgrenzen haben sie sich einen guten Namen gemacht. Das hat viel damit zu tun, dass man hier den Mut hat, „Prozesse und Meinungen infrage zu stellen“, meint der Werksleiter.
Vor acht Jahren kommt er aus der hamburgischen Region in den nördlichen Zipfel des mitteldeutschen Bundeslandes. In der dGw Gummiwerke AG merkt der promovierte Chemiker schnell, dass er mit seinem Verständnis für das Material einen Vorsprung im Vertrieb hat. Er wirft sein Wissen über Polymere in die Waagschale, verstärkt die Beratung, erstellt Pläne für Serienfertigungen mit wirtschaftlich guten Konditionen. Frischer Wind weht bis tief in die Produktionshallen im Industriepark.
Mitarbeitende erhalten viel Wertschätzung.
Die Tangermünder Gummiwerker gehören vor Jahren zu den ersten der Branche, die sich mit Elektromobilität beschäftigten. Früh suchen sie nach Lösungen für die komplexen Anforderungen an das Rohmaterial, finden sie gemeinsam mit Entwicklern und Forschenden. Die Altmärker Fachleute sind damals maßgeblich an der Optimierung von Tanksteckdosen für Elektrofahrzeuge beteiligt. Durch ihren zusätzlichen Schutz wird verhindert, dass Wasser hineingelangt und einen Kurzschluss verursacht. Parallel setzen sie sich mit Lösungen für komplizierte Schlauchformen auseinander. Es entstehen Kabelbaumhalter, die hohen Anforderungen thermischer und mechanischer Stabilität erfüllen und beispielsweise bei Porsche zum Einsatz kommen.
Gummiwerke AG Tangermünde dGW Foto: dGW
Ich sehe uns auf der Überholspur“, sagt Dr. Gernert, der kürzlich die Anteile der beiden bisherigen, aus Altersgründen ausgeschiedenen, Eignern übernommen hat. Als Mehrheitseigentümer der AG legt er „viel Wert darauf, dass sich alle als ein Teil des Unternehmens verstehen“. Die Mitarbeitenden gehören zum wichtigen Pfund des Unternehmens. Seit 2016 hat sich die Zahl auf 18 verdoppelt und der Altersdurchschnitt von durchschnittlich 50 auf 40 Jahre verjüngt. Fast alle aus dem Team kommen aus der Region. Die Wertschätzung zeigt die Firmenleitung unter anderem mit Boni und der Förderung von Fitnessstudio-Mitgliedschaften, sagt Dr. Gernert.
Im übertragenen und wahren Sinne gibt das Tangermünder Team Gummi in Sachsen-Anhalt. Interne Prozesse werden zunehmend digitaler. Die Produktion läuft mit modernen Hochleistungspressen. Für die Entwicklung neuer Produkte arbeitet das Unternehmen mit Forschenden zusammen. „Für uns passen hier die Strukturen und Rahmenbedingungen“, sagt Dr. Claus Gernert. Auch privat hat der Werksleiter das Bundesland schätzen gelernt. „Günstige Mieten, schöne Gegenden und eine Berufung: Ich bin jetzt das achte Jahr hier. Das spricht für sich.“
www.deutschegummiwerke.de
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