Deutschland muss den Weg zu neuer wirtschaftlichen Stärke finden – dies war die zentrale Botschaft von Bundesfinanzminister Christian Lindner in seiner Rede auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum 2024 in Bad Saarow.
Die gegenwärtige Schwäche Deutschlands sei die Folge einer langfristigen Entwicklung: „Von Platz 6 im globalen Standortranking im Jahr 2014 ist Deutschland aktuell auf Platz 22 abgerutscht“, so Lindner. Wie sehr dies dem Ansehen Deutschlands geschadet habe, musste der Bundesfinanzminister erst jüngst schmerzlich bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds in Washington erleben. Dort sei, so erzählte Lindner, bei einem Vortrag über die globale Wachstumsschwäche zur Illustration ein Bild der Berliner Friedrichstraße eingeblendet worden. Deutschland als Symbol einer weltweit kriselnden Wirtschaft, dies möchte der Bundesfinanzminister künftig nicht mehr erleben.
Um wirtschaftlich wieder Boden gut zu machen, hält Lindner drei Ziele für unerlässlich:
Zum ersten die Verbesserung der Rahmenbedingungen. „Dies betrifft den Arbeitsmarkt, die bürokratische Belastung, die Energieversorgung und das steuerliche Umfeld,“ erklärte Lindner.
Beim Arbeitsmarkt will Lindner das Fachkräfteeinwanderungsgesetz künftig noch stärker nutzen, etwa durch Einwanderungsmöglichkeiten auch in die Zeitarbeit. Anstelle eines Steuerrabatts für Rentnerinnen und Rentner, die freiwillig weiter arbeiten, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ihn vorgeschlagen hat, will Lindner lieber Arbeitgeberbeiträge für die Beschäftigung von Rentnern und Rentnerinnen an diese direkt auszahlen, um einen Anreiz für längere Beschäftigung zu schaffen.
Bei der bürokratischen Belastung der Unternehmen verwies Lindner auf die zusätzlichen Vorgaben der EU am Beispiel der Lieferketten-Richtlinie. Die finanzielle Entlassung deutscher Unternehmen durch nationale Gesetze der Bundesregierung werden durch zusätzliche Regulierung aus Brüssel regelmäßig konterklariert. „Wir müssen den zusätzlichen Bürokratieaufbau aus Brüssel unterbrechen“, forderte der Bundesfinanzminister: „Fünf Jahre Bürokratiepause wären kein Schaden.“ Lindners Philosophie: Die Politik solle weniger in das unternehmerische Handeln eingreifen und sich nicht anmaßen, entscheiden zu wollen, welche Branchen und Technologien Zukunft haben werden. Beispielsweise bei der Frage, ob Elektromobilität das einzig denkbare Mobilitätskonzept der Zukunft sei.
In der Energiepolitik betonte der Bundesfinanzminister, dass es der Bundesregierung gelungen sei, die Abhängigkeit vom russischen Gas zu beenden. Dennoch müssten in der Energiepolitik Konsequenzen gezogen werden. „Unsere Energiepolitik stammt regulatorisch aus der Zeit, als die Erneuerbaren Energien ein Nischenmarkt waren“, so Lindner. Heute seien die Erneuerbaren aber ein Massenmarkt und aufgrund der garantierten Einspeisevergütung für erneuerbaren Strom werden die hohen Renditen nicht über den Markt, sondern aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ des Bundes und damit aus Steuergeldern erwirtschaftet.
„Bundeswirtschaftsminister Habeck hat den Klima- und Transformationsfonds mit zehn Milliarden Euro kalkuliert, es werden aber 19 Milliarden Euro werden“, erklärte Lindner, „denn je günstiger der Strompreis wird, desto höher fällt die Subvention aus.“ Deshalb fordert Lindner eine Neuausrichtung der Energiepolitik. Die Bundesregierung bereite einen Kapazitätsmarkt vor, der sich nach Angebot und Nachfrage richte und neben dem Ziel des Klimaschutzes auch die Energiesicherheit und die Bezahlbarkeit von Energie berücksichtige.
In der Steuerpolitik stellte Lindner klar: „Der Steuerpreis in Deutschland ist zu hoch.“ Er hält Änderungen bei der Körperschaftssteuer oder einen Verzicht auf den Solidaritätszuschlag für denkbare Wege, um die Belastung der Unternehmen zu reduzieren. Bei der Konsolidierung des Bundeshaushalts sieht Lindner in erster Linie Möglichkeiten im Sozialhaushalt, beispielsweise indem die aus seiner Sicht gesetzten Fehl-Anreize beim Bürgergeld korrigiert werden.
Darüber hinaus nannte der Bundesfinanzminister als zweites Ziel der Politik gezielte Fördermaßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit etwa für die Halbleiterindustrie in Deutschland, um die herum sich technologische Cluster bilden sollen. Als dritten Punkt stellte der Bundesfinanzminister auf dem OFW24 in Bad Saarow die bessere Mobilisierung privaten Kapitals für unternehmerisches Wachstum in Aussicht .
Der Beitrag Christian Lindner beim OWF24: „Fünf Jahre Bürokratiepause wären kein Schaden“ erschien zuerst auf Wirtschaft und Markt.