Bis zum Jahr 2035 gehen Deutschland sieben Millionen Facharbeitskräfte verloren, das hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung errechnet. Auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum 2024 in Bad Saarow benannte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil fünf Strategien zur Bekämpfung des drohenden Fachkräftemangels.
Zunächst die positive Botschaft: „Wir haben trotz aller Krisen einen Aufwuchs an Beschäftigung. Wir haben noch nie in Deutschland so viele Menschen in Arbeit gehabt“, so Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in seiner Rede auf dem OWF 24 in Bad Saarow. Doch diese erfreuliche Bilanz dürfe nicht dazu führen, vor der demographischen Entwicklung die Augen zu verschließen. Deshalb will Hubertus Heil fünf bisher ungenutzte Potenziale auf dem Arbeitsmarkt heben.
Potenzial 1: Ausbildung
1,6 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren in Deutschland sind ohne berufliche Erstausbildung, so der Minister. Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen hierzulande verfügen nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Deshalb müsse frühzeitig in Ausbildung investiert werden. Heils Vorschlag: In allen Schulformen soll ab der 5. Klasse Berufsorientierung zum Unterrichtsinhalt werden, ausdrücklich auch an Gymnasien. „Wir brauchen nicht nur Master und Bachelor in Deutschland, sondern auch Meister und Gesellen“, so Hubertus Heil.
Potenzial 2: Weiterbildung
„Deutschland muss Weiterbildungsrepublik werden“, forderte Heil in seiner Rede. Geschäftsmodelle von Unternehmen und Tätigkeitsprofile von Beschäftigten verändern sich ständig. Deshalb will die Bundesregierung Weiterbildung vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen stärker fördern, beispielsweise mit dem Transformationszuschuss.
Potenzial 3: Erwerbsbeteiligung von Frauen
Diese sei in den letzten Jahren im internationalen Vergleich erfreulicherweise gestiegen, aber immer noch geringer als etwa in den skandinavischen Ländern.
Potenzial 4: Beschäftigung von älteren Mitbürgern
Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt in Deutschland bei 64,4 Jahren und ist in den letzten Jahren angestiegen. Diese positive Entwicklung will Hubertus Heil durch mehr Anreize für freiwillig längeres Arbeiten fortsetzen.
Potenzial 5: Einwanderung von qualifizierten Fachkräften
Seit dem 1. Juni ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft. „Nun gilt es, überflüssige Bürokratie auf der Ebene unterhalb des Gesetzes zu schreddern“, wünschte sich Heil bei seinem Auftritt auf dem OWF. Dies gelte beispielsweise für die Verfahren zur Visaerteilung oder bei der Berufsanerkennung. „Die Berufsanerkennung ist, ehrlich gesagt, die Hölle in Deutschland. Wir haben allein 700 Dienststellen für Berufsanerkennung in diesem Land“, räumte der Bundesarbeitsminister eine überbordende Bürokratie ein. „Wir haben ein tolles Ausbildungssystem, aber wir sollten nicht so arrogant sein, so zu tun, als gäbe in anderen Ländern nicht auch gute Ausbildung.“
Die Zweckmäßigkeit des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes will Heil nun am Beispiel Indien prüfen. „In Deutschland liegt der Altersdurchschnitt der Bevölkerung bei 48 Jahren, in Indien bei 32 Jahren. In Indien kommen pro Monat eine Million Menschen auf den Arbeitsmarkt“, so Heil. Diese Potenziale will der Bundesarbeitsminister für Deutschland nutzen. Dass die Menschen nicht zu uns kommen wollen, hält Heil für abwegig: „Wir sind das fünfbeliebteste qualifizierte Einwanderungsland.”
Besser klappen müsse auch die Integration ukrainischer Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt mit Hilfe des so genannten Jobturbos. „Da ist noch viel Luft nach oben“, gestand Heil. Er forderte die Unternehmer auf, sich stärker an die Jobcenter zu wenden, die die ukrainischen Flüchtlinge betreuen und auch Menschen ohne perfekte Deutschkenntnisse eine Chance zu geben. „Machen Sie beim Jobturbo mit“, so der Appell des Bundesarbeitsministers an die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des OWF.
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