Die größte US-Bank plant in Deutschland eine Onlinebank. Für JPMorgan Chase ist das erst die zweite ausländische Filiale für Endkunden nach der vor gut einem Jahr gestarteten britischen Chase UK.
Die größte Bank der USA scheute bislang die kostspielige Expansion über das Filialgeschäft, die Konkurrenten wie die Citigroup oder HSBC in den vergangenen Jahrzehnten im Ausland verfolgten. Dieses Zögern erweist sich nun als vorausschauend, denn der Aufstieg von Fintechs und Bank-Apps hat die Karten im Privatkundengeschäft in jüngster Vergangenheit völlig neu gemischt.
Nur wenige US-Großbanken expandieren international im Privatkundengeschäft
Nun ist JPMorgan eine der wenigen großen US-Banken, die im Privatkundengeschäft international expandieren. Die Citigroup ist dabei, mehr als ein Dutzend Retail-Töchter in aller Welt abzustoßen. Goldman Sachs hat angekündigt, die Aktivitäten im Verbrauchergeschäft zurückzufahren.
Allerdings ist JPMorgan nicht die einzige ausländische Bank, die in Deutschland ausbauen will. Andere Häuser konzentrieren sich aber vor allem auf Firmenkunden, etwa Barclays und Goldman Sachs – oder auf das Private Banking für wohlhabende Kunden. Ein prominentes Beispiel, das auch im Retailgeschäft vertreten ist, ist die niederländische ING, die mit über neun Millionen Kunden die größte Direktbank in Deutschland betreibt.
“Bedeutende ungenutzte Chance”
Sanoke Viswanathan, der bei JPMorgan für das internationale Verbrauchergeschäft verantwortlich ist, hatte den Bereich in einer Investorenpräsentation im Mai 2022 als “bedeutende ungenutzte Chance” bezeichnet und die Expansionsabsichten angedeutet. Laut seiner Präsentation hatte Chase UK im Mai mehr als 500.000 Kunden und Einlagen von etwa zehn Milliarden US-Dollar. JPMorgan rechnet dort mit Anlaufverlusten – geschätzte 450 Millionen Dollar im gerade abgelaufenen ersten Jahr. In fünf bis sechs Jahren soll die Gewinnschwelle erreicht werden.
JPMorgan-Deutschland-Chef Stefan Povaly hatte in einem am Mittwoch (1.2.) veröffentlichten “Bloomberg”-Interview bestätigt, dass das Unternehmen in Berlin neue Mitarbeiter für ein mögliches Retailbanking-Angebot eingestellt hat. Es handele sich um eine “kleine Zahl von Leuten”, die vor Ort prüfen würden, was möglich sei. (mb/Bloomberg)
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