Nachfolgen sichern die Zukunft des Unternehmens. Wo kein Nachfolger gefunden wird, droht das Aus. Gerade in Ostdeutschland, wo viele Unternehmer der ersten Generation jetzt altersbedingt abgeben müssen, wird dies immer mehr zu einem Problem. Was läuft falsch? Einige Gedanken von Frank Nehring.
Bis Ende 2023 planen deutschlandweit 190.000 Unternehmer eine Übergabe. 46.000 von ihnen wird es, dem Nachfolgemonitor 2022 der KFW zufolge, nicht gelingen. Das sind fast 25 Prozent und damit jedes vierte Unternehmen, das einfach vom Markt verschwindet. Zwischen 2022 und 2026 werden in Ostdeutschland laut Institut für Mittelstandforschung mehr als 31.500 Unternehmer nach einer Nachfolgelösung suchen. Erfolgsquote unbekannt.
Was ist der Grund dafür, dass es in vielen Fällen zu keiner erfolgreichen Unternehmensnachfolge kommt? Wer ist schuld? Sind es die Unternehmer selbst, die oft zu spät und vielleicht mit unrealistischen Erwartungen sich selbst im Weg stehen? Sind es gesetzliche oder steuerliche Regelungen oder fehlende Berater oder sind es die Käufer, die einfach nicht da sind? Sicher mangelt es nicht an Beratern und wenn sich Käufer und Verkäufer erst einmal getroffen haben, ist die Wahrscheinlichkeit für einen gelungenen Deal groß. Finanzielle, steuerliche und juristische Spielarten sind ausreichend bekannt.
Die Verknappung der Aufmerksamkeit auf die Angebots- und Vertragserarbeitung, gekoppelt mit dem Appell an den Unternehmer, sich rechtzeitig, also etwa 10 Jahre vor der geplanten Übergabe, intensiv damit zu beschäftigen, scheint mir das Problem und dafür gibt mindestens fünf Gründe:
1. Viele Unternehmer verdrängen das Thema
Es mangelt an Vorstellungen und Wissen zu den Rahmenbedingungen, vor allem aber zu den Zielen der Übergabe im Detail. Die Hoffnung auf einen Lösungsansatz by the way ist verlockend, aber trügerisch.
2. Die bestehenden Netzwerke genügen nicht.
In Unternehmernetzwerken wird das Thema ebenso wie persönlich verdrängt. In Betreuungsnetzwerken (Verbänden & Co.) wird versucht zu sensibilisieren, in der Regel aber nur bedingt erfolgreich. Die Regionalität der Netzwerke klingt wie ein Vorteil, kann aber durchaus auch nachteilig sein.
3. Berater sind zumeist spezialisiert
… und werden erst aktiv, wenn es konkret wird und. Die allgemeinen Erfahrungen der Berater bleiben meist bei den Spezialisten.
4. Interessierte Käufer gibt es zu wenig
Selbst wenn immer mehr Datenbanken hier für mehr Öffentlichkeit sorgen, ein reaktiver Ansatz wird der Bedeutung des Themas nicht gerecht.
5. Gründer konzentrieren sich auf Neugründungen
Gerade Startups haben eine große Affinität für junge Unternehmer und genießen eine hohe gesellschaftliche Anerkennung. Warum sind Übernahmegründungen so wenig bekannt?
Das Thema Unternehmensnachfolge muss meines Erachtens neu und vor allem größer gedacht werden. Nicht nur der Übernahmezeitraum darf eine Rolle spielen, sondern der gesamte Unternehmer-Lebenszyklus von der Idee zur Gründung bis hin zu der Frage, wie der Ausstieg zu gestalten ist und was danach passieren soll.
Das müssen die Unternehmer begreifen, aber auch alle Netzwerke und Dienstleister im Umfeld.
Gleichermaßen steht die Frage im Raum, welches Ansehen Unternehmer in der Gesellschaft genießen. Wie attraktiv ist es heute, Unternehmer sein zu wollen, wer macht eigentlich die Lobbyarbeit für dieses Thema?
Viele Fragen, aber ich bin überzeugt davon, dass in den Antworten auch Lösungen für nachhaltig erfolgreiche Unternehmensnachfolgen liegen. Vielleicht benötigen wir für die Nachfolge mal ein anderes Wort oder wir bedienen uns beim Terminus Nachhaltigkeitsmanagement. Der Begriff stimmt inhaltlich, ist allerdings auch schon sehr inflationär unterwegs.
Der Beitrag Unternehmensnachfolge in Ostdeutschland – Was läuft falsch? erschien zuerst auf Wirtschaft und Markt.