Die Chemieindustrie Brandenburgs steht vor großen Herausforderungen, die Industrie insgesamt will klimaneutral werden. Der  Filmstandort Babelsberg entwickelt sich gut und ist international begehrt. Der exklusive W+M-Länderreport erscheint als Serie in drei Teilen. Hier nun der letzte Teil. Von Matthias Salm.

Teil 1: Tesla, Neues Zentrum der Batterieindustrie, Unsichere Zukunft in der Automobilindustrie, Luftfahrtbranche als Exportschlager

Teil 2: Wichtiger Standort der Bahnindustrie, Wachstum stößt auf Flächenmangel, Ende der Kohleförderung in der Lausitz

Teil 3: Chemieindustrie vor großen Herausforderungen, Industrie will klimaneutral werden, Filmstandort Babelsberg international begehrt

Chemieindustrie vor großen Herausforderungen

Brandenburgs Industrie arbeitet vielerorts besonders energieintensiv. Die Chemieindustrie in Schwarzheide, Guben, Premnitz und Schwedt, die Zementindustrie in Rüdersdorf, die Papierwerke in Schwedt und Eisenhüttenstadt oder die Stahlindustrie in Eisenhüttenstadt verschlingen hohe Mengen an bisher fossiler Energie. Gerade die Chemieindustrie ist mit 110  Unternehmen und 11.600 Beschäftigten eine der wichtigsten Stützen der brandenburgischen Wirtschaft. Die Chemieparks in Schwedt, Premnitz, Guben und Schwarzheide prägen das Bild einer Chemieregion ebenso wie etwa das größte Familienunternehmen in Brandenburg, die ORAFOL Gruppe in Oranienburg, die grafische Produkte, selbstklebende reflektierende Folien und Industrieklebebänder herstellt, wie die auf technische Textilien spezialisierte Trevira GmbH in Guben oder der Biokraftstoff-Hersteller VERBIO in Schwedt.

Foto: BASF Schwarzheide

Von herausragender Bedeutung ist die BASF Schwarzheide GmbH. Mehr als 2.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stellen am Produktionsstandort in der Lausitz Polyurethan-Grundprodukte und -Systeme, Pflanzenschutzmittel, Wasserbasislacke, Technische Kunststoffe, Schaumstoffe, Dispersionen und Laromere her. In diesem Jahr soll die Anlage für die Herstellung von Kathodenmaterialien für 400.000 Elektrofahrzeuge pro Jahr fertiggestellt werden, außerdem wird eine Prototypanlage für das Batterierecycling errichtet, mit der BASF eine Spitzenposition im Recycling von Lithium-Ionen-Batterien einnehmen will. Vom weltweiten Stellenabbau bei BASF soll der Standort Schwarzheide daher verschont bleiben.

Ungewiss hingegen bleibt die Zukunft der PCK-Erdölraffinerie in Schwedt. Das in russischen Besitz stehende Unternehmen geriet im Zuge des Ukraine-Krieges unter treuhänderischer Verwaltung des Bundes und wurde durch das Ölembargo gegen Russland von seinen bisherigen Öl-Bezugsquellen abgeschnitten. Das als Ersatz inzwischen über den Hafen Rostock angelieferte Öl nicht-russischer Herkunft deckt den Verlust nur zum Teil ab und unterscheidet sich auch durch andere Qualitätsmerkmale. Das hat zur Folge, dass die für den Straßenbau benötigte Bitumen-Produktion in Schwedt nicht mehr möglich ist. Der Weg zur Transformation von einer Öl-Raffinerie zu einem Standort der Wasserstoff-Produktion hingegen ist bisher eher eine Vision denn absehbare Realität.

Die Fertigung von Gummi- und Kunststoffwaren findet in Brandenburg überwiegend in mittelständischen und kleinen Unternehmen statt. Innovative Mittelständler wie Hesco Kunststoffverarbeitung aus Luckenwalde, IKV Innovative Kunststoffveredlung aus Premnitz, oder die Vakuplastic Kunststoff aus Schönefeld mit ihren Saugnäpfen für industrielle Anwendungen sind hierfür Beispiele. Produkte wie Fasern, Folien, Reifen, Komponenten für Haushaltsgeräte und Windräder, Polyurethan-Grundprodukte, Pflanzenschutzmittel, wasserbasierte Lacke und technische Kunststoffe stammen aus Brandenburg. In der Forschung steht das Fraunhofer Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam für wissenschaftliche Exzellenz.

Industrie will klimaneutral werden

Die künftige Klimaneutralität der Produktion treibt aber nicht nur die Chemieindustrie um. Das Baustoffunternehmen CEMEX will sein Zementwerk in Rüdersdorf durch neue innovative Technologien bis 2030 zum ersten CO2-neutralen Zementwerk umbauen. Und dem Stahlwerk von Arcelormittal in Eisenhüttenstadt mit 2.700 Beschäftigten steht ebenfalls die Transformation hin zu klimaneutraler Stahlproduktion bevor. Dazu sollen bis 2026 zwei Hochöfen durch modernere Technologie ersetzt werden, wenn denn entsprechende Fördermittel fließen.

Das ArcelorMittal-Werk in Eisenhüttenstadt. Foto ArcelorMittal

Eine Branche, die jetzt schon als nachhaltig gilt, investiert ebenfalls im großen Umfang in der Mark, denn 2022 wurden gleich drei große Projekte in der Holzverarbeitungsindustrie initiiert. So errichtet die Schweizer Firma Renglli in Eberswalde ein Werk mit geplanten 200 Beschäftigten für Holzmodul-Gebäude. Der Laminathersteller Classen erweitert sein Werk in Baruth/Mark und die Firma Binderholz errichtet dort eine Schnittholzsortieranlage.

Filmstandort Babelsberg international begehrt

Foto: Studio Babelsberg AG

Nicht zu vergessen: Brandenburg ist Filmland. Studio Babelsberg ist mit der Gründung im Jahr 1912 das älteste Großatelier-Filmstudio der Welt und gilt als die Wiege des deutschen Films. Heute zählt das Studio zu den führenden Standorten für die Herstellung von Kinofilm- und Serienproduktionen in Europa. Im Jahr 2023 begeht Studio Babelsberg mit seinen 21 hochmodernen Studios, Außenkulissen und Produktionsflächen und Europas größtem Requisitenfundus sein 111-jähriges Jubiläum. Die Crews von Studio Babelsberg Motion Pictures werden als erstklassige Kulissenbauer und Produktionsdesigner weltweit geschätzt. Im vergangenen Jahr wurde darüber hinaus 98 Film- und Fernsehproduktionen im Land Brandenburg gedreht  – in Ludwigsfelde ebenso wie in Rangsdorf, in Potsdam wie auch am Flughafen BER in Schönefeld.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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