Anders als die Automotivebranche befindet sich der traditionelle Optik-Standort Thüringen auf beeindruckendem Wachstumskurs. Thüringen bleibt auch ein wichtiger Halbleiterstandort. Das Vorzeigeunternehmen der Thüringer Medizintechnik ist die Carl Zeiss Meditec AG. Doch die schrumpfende Bevölkerung gefährdet das Wachstum. Teil 3 des Länderreports Thüringen. Von Matthias Salm.
Der Länderreport erscheint als W+M-Serie in drei Teilen:
09.03.2023
Teil 1: Der Freistaat setzt auf Batterie-Power gesamt/ Schwere Zeiten für Automobilzulieferer
16.03.2023
Teil 2: Energiekrise in der Glasindustrie/Luft nach oben bei erneuerbaren Energien/ Logistik-Boom ohne Subventionen
26.03.2023
Teil 3: Optische Industrie mit Weltruf/ IT-Unternehmen auf Kurs/ Medizintechnik made in Thüringen/ Bevölkerung in Thüringen schrumpft
Hier beginnt Teil 3
Optische Industrie mit Weltruf
Anders als die Automotivebranche befindet sich der traditionelle Optik-Standort Thüringen auf beeindruckendem Wachstumskurs. International agierende Konzerne wie die Carl Zeiss AG und die JENOPTIK AG, viele mittelständische Weltmarkt-Unternehmen und zahlreiche Forschungseinrichtungen machen die Stärke der optischen Industrie vor allem in der Technologieregion Jena-Erfurt-Ilmenau und in Gera aus. Die imposanten Zahlen der Optik- und Photonik-Branche in Thüringen: 187 Unternehmen, mehr als 16.000 Beschäftigte, eine Exportquote von über 65 Prozent. Die Produkte genießen Weltruf und sind längst auch im Weltall unterwegs: So liefert beispielsweise das Weltraumteleskop „James Webb“ neue Erkenntnisse aus dem All – dank hochpräziser Spiegel des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF) in Jena.
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Andere Forschungseinrichtungen agieren ebenfalls auf höchstem Niveau: Die Friedrich-Schiller-Universität Jena mit dem Abbe Center of Photonics und die TU Ilmenau mit dem Fachgebiet technische Optik sowie das von beiden Universitäten gemeinsam betriebene Innovationszentrum für Quantenoptik und Sensorik. Thüringen selbst investiert seit mehreren Jahren strategisch in den Auf- und Ausbau dieser Kompetenzen. Einschließlich schon laufender Projekte fließen beispielsweise bis Ende 2024 allein vom Land rund 35 Millionen Euro Förderung in die Quantenforschung. Der Freistaat soll zudem zum führenden Zentrum für optische Spezialfasertechnologien ausgebaut werden.
Das Spektrum der Unternehmen reicht von mittelständischen Hidden champions bis zu Großkonzernen: Letztere repräsentiert der Thüringer Technologiekonzern Jenoptik. Er will in diesem Jahr die Milliardengrenze beim Umsatz überspringen und rechnet wegen eines hohen Auftragseingangs aus der Halbleiterindustrie mit einem Umsatz von 1,05 bis 1,10 Milliarden Euro. 4.300 Mitarbeiter arbeiten für Jenoptik, 1.500 davon in Jena.
Aber auch andere Unternehmen prägen das Gesicht der Optik-Branche im Freistaat. Die Jenaer Heracle GmbH etwa produziert Glasfasern für Märkte weltweit. Die asphericon GmbH aus der Universitätsstadt Jena ist Technologieführer auf dem Gebiet asphärischer Systeme. Die LEONI Fiber Optics GmbH ist einer der führenden Anbieter von Lichtwellenleitern für Spezialanwendungen in der Industrie und für die Automobilindustrie stellt Docter Optics in Neustadt an der Orla hochkomplexe optische Komponenten für LED-, Xenon- oder Halogen-Projektionsscheinwerfer her.
IT-Unternehmen auf Kurs
Thüringen bleibt auch ein wichtiger Halbleiterstandort: Das Unternehmen Melexis entwickelt, testet und liefert Integrierte Schaltkreise, produziert sie aber nicht selbst. Die Chipfertigung erfolgt bei der benachbarten X-Fab, die 2021 mehr als eine Million Euro in eine Erweiterung ihrer Reinraum-Kapazität investierte. X-Fab ist bereits 30 Jahre erfolgreich in Erfurt tätig.
Halbleiter. Foto: AdobeStock
Der größte inhabergeführte Digitalagentur Deutschlands dotSource ist dagegen in Jena beheimatet, sie ist zugleich der größte IT-Arbeitgeber der Unistadt. Über 520 Mitarbeitende zählt die Agentur bereits, davon etwa 380 in Jena. Insgesamt 37 Millionen Euro erwirtschaftete das Unternehmen zuletzt. 2022 fiel auch der Startschuss für den Bau des neuen dotSource-Campus auf dem Areal der Alten Feuerwache: Büros, Wohnungen, ein Supermarkt sowie ein Kulturzentrum sollen hier entstehen. Ebenfalls ein Marktführer: Die Funkwerk AG im nordthüringischen Kölleda. Sie entwickelt Kommunikations- und Informationssysteme für den Schienenverkehr, Allein in der Deutschland, Österreich und der Schweiz halten mehr als 80 Prozent der Züge über Zugfunkgeräte des Unternehmens Kontakt zu ihren Leitstellen.
Medizintechnik made in Thüringen
Das Vorzeigeunternehmen der Thüringer Medizintechnik ist die Carl Zeiss Meditec AG, einer der weltweit führenden Medizintechnikanbieter. Zur Diagnose und Behandlung von Augenkrankheiten bietet das Unternehmen Komplettlösungen, einschließlich Implantaten und Verbrauchsgütern. Im Geschäftsjahr 2021/22 erzielten die Jenaer einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro. Damit ist die Carl Zeiss Meditec eine der umsatzstärksten ostdeutschen Börsenunternehmen. Zu etwa 95 Prozent wird der Umsatz im Ausland erzielt.
Foto: Carl-Zeiss-Meditec
Aber auch in anderen Teilen des Landes wächst die Medizintechnik weiter. In Stadtroda konzentriert der Medizintechnikspezialist Mathys Orthopädie seine Produktion an einem Standort im Gewerbegebiet Bollberg und investiert über 50 Millionen Euro in dessen Erweiterung. Die Produktion in Thüringen konzentriert sich auf Schulter-, Hüft- und Knieprothesen. Als Teil der Schweizer Endress+Hauser Gruppe ist die Analytik Jena AG weltweiter Anbieter von Analytik- und Automatisierungslösungen, die für spezielle hochempfindliche Untersuchungen z. B. mittels Ultra-High-Throughput-Screening in den Branchen Pharmazie/Life Sciences, Ernährung und Umwelt benötigt werden. Die Bauerfeind AG aus Zeulenroda ist einer der führenden Hersteller medizinischer Hilfsmittel wie Bandagen, Orthesen und Kompressionsstümpfe .Seit 2019 produziert Bauerfeind auch in Gera-Lusan. Ein Erweiterung des Geraer Standortes hat das Unternehmen allerdings jüngst abgesagt.
Bevölkerung in Thüringen schrumpft
Neben dem Kreis Gotha, der vor allem von Autozulieferern geprägt ist, zählen der Ilm-Kreis mit mehr als 1,4 Milliarden Euro Umsatz, die Optik-Stadt Jena mit über 1,2 Milliarden Euro und der Wartburgkreis mit 1,2 Milliarden Euro als industrielle Kerne. Doch die schrumpfende Bevölkerung gefährdet das Wachstum. Einzig die kreisfreien Städte Weimar, Erfurt und Jena werden von 2021 an Bevölkerung hinzugewinnen. Jenseits dieser Boomstädte prägt weiter der ländliche Raum den Freistaat. Mit über vier Milliarden Euro Jahresumsatz und mehr als 50.000 Beschäftigten ist dort die Land- und Ernährungswirtschaft eine der größten Branchen in Thüringen und ein starkes wirtschaftliches Standbein der ländlichen Regionen. Allerdings müssen diese in den kommenden Jahren mit weiteren Bevölkerungsrückgängen rechnen. Die Einwohnerverluste in den Landkreisen, so die Bevölkerungsprognose, reichen von -17,6 Prozent im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt bis -0,8 Prozent im Landkreis Weimarer Land. Auch die beiden kreisfreien Städte Suhl und Gera müssen sich auf eine Verringerung des Bevölkerungsstandes von -26,3 Prozent bzw. -9,0 Prozent einstellen.
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