Am 22. September wählen die Bürger und Bürgerinnen den neuen Brandenburgischen Landtag. Eine richtungsweisende Entscheidung auch für die brandenburgische Wirtschaft. Deshalb hat Wirtschaft+Markt die Positionen der Parteien zu wichtigen wirtschaftspolitischen Themen in   Brandenburg abgefragt. Die Antworten der wirtschaftspolitischen Sprecher haben wir thematisch zugeordnet und werden gesondert veröffentlicht.

Hier die Antworten von Sebastian Walter (DIE LINKE)

Sprecher für Wirtschaftspolitik, Energiepolitik, Digitalisierung und Arbeitsmarkt und Fraktionsvorsitzender DIE LINKE

Sebastian Walter, geb. 1990 in Eberswalde-Finow, Gewerkschaftssekretär, war von 2016 bis 2019 Regionsgeschäftsführer DGB Ostbrandenburg. Seit 2019 ist er Mitglied des Landtages Brandenburg und Fraktionsvorsitzender.  Er sitzt im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Energie.

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Wie kommt der Umbau der Lausitz voran und wie beurteilen Sie den bisherigen Einsatz der Fördermittel?

Der Strukturwandel in der Lausitz wird aktuell nur über Leuchtturmprojekte wie z.B. das Bahnwerk in Cottbus oder die Gründung der Universitätsmedizin in der Lausitz wahrgenommen. Im Kern geht es uns darum, die Lausitz als Wirtschafts- und Lebensraum zu revitalisieren: als eine Region, die wegen ihrer besonderen Lebensqualität Menschen anzieht, und als eine Region, in der neue, nachhaltig zukunftsfähige industrielle Wirtschaftsstrukturen mit gut bezahlten Arbeitsplätzen und Stärkung der Tarifbindung aufgebaut werden.

Dafür wollen wir innovative Transformationstechnologien und klein- und mittelständische Unternehmen fördern. Zur Fachkräftegewinnung muss den weichen Standortfaktoren wie Bildungseinrichtungen, Mobilität und bezahlbares Wohnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Gerade kleinere Kommunen können Antragstellung und Projektbearbeitung kaum stemmen und benötigen Unterstützung. Dafür wollen wir die WRL zu einer Entwicklungsgesellschaft ausbauen. Darüber hinaus müssen die geplanten Schieneninfrastrukturprojekte deutlich beschleunigt werden. Wir werden einen Bürgerfonds aufsetzen, damit auch die Lausitzerinnen und Lausitzer sich aktiv in den Prozess einbringen können.

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Wie kommt der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Brandenburg voran und welche Rolle spielen die Erneuerbaren Energien für die Wirtschaft in Brandenburg?

Brandenburg leistet einen bedeutenden Beitrag zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien.  So wurden z.B. im Jahr 2023 153 Prozent des gesamten Stromverbrauchs im E.DIS-Netz durch Erneuerbare Energiequellen produziert. Auch mit den sich verändernden geopolitischen Rahmenbedingungen, den gestiegenen Energiepreisen und der bedrohlichen Abhängigkeit von Energieimporten wird die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien zunehmend zu einem Standortfaktor für die Wirtschaft und deren notwendiger Dekarbonisierung.

Deshalb setzen wir uns weiterhin für die Steigerung der Energieeffizienz, die Senkung des Energieverbrauchs, den Ausbau der erneuerbaren Energien und vor allem für akzeptanzschaffende Maßnahmen ein. Darüber hinaus brauchen wir energetische Umwandlungsverfahren, Elektrolyse und Langzeitspeicher. Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft gestaltet wird. Mit einem Erneuerbare-Energien-Beteiligungsgesetz werden wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sowohl die betroffenen Kommunen als auch die Anwohnerinnen und Anwohner, z.B. über Lokalstromtarife, finanziell profitieren.

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Was sind Ihre Konzepte zur Behebung des Fachkräftemangels?

Wir setzen uns für die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung ein und wollen die duale Ausbildung stärken. Wir wollen eine stärkere und frühzeitigere Präsentation der Möglichkeiten und Perspektiven einer beruflichen Ausbildung im Handwerk in den Schulen, z.B. durch die Einführung eines Tages des Handwerks. Gleichzeitig werden wir die Attraktivität der beruflichen Ausbildung durch Investitionen sowohl in die Bildungsinfrastruktur als auch in gut qualifiziertes Lehr- und Ausbildungspersonal verstärken und Berufsschulstandorte erhalten. Der Meisterbrief ist für uns ein Zeichen von Qualität und hoher Qualifikation. Um Auszubildende zu entlasten werden wir ein kostenfreies ÖPNV-Ticket für den Weg zum Ausbildungsbetrieb und zur Fachschule einführen. In „ÖPNV-armen” Regionen wollen wir über ein „Tank-Budget“ die Nutzung von privaten Fahrzeugen ermöglichen. Mit einem Azubi-Werk werden wir mehr bezahlbare Wohnungen und Wohnheimplätze für Auszubildende in Brandenburg schaffen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass ausländische Fachkräfte durch vereinfachte und beschleunigte Berufsanerkennungsverfahren schnellstmöglich ins Berufsleben einsteigen können.

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Was sind Ihre Vorschläge für Bürokratieabbau im Land zum Nutzen der Wirtschaft?

Das richtige Maß an Bürokratie und eine gut funktionierende, schnelle Verwaltung ist für Unternehmen von großer Bedeutung. Das gilt für die bereits existierenden Unternehmen ebenso wie für Neugründungen, Unternehmenserweiterungen und -nachfolgen. Wir erkennen an, dass das Ausmaß allein gesetzlich veranlasster Belastungen für die Unternehmen, insbesondere für KMU, ein mehr als kritisches Niveau erreicht hat, weil diese immer stärker personelle Ressourcen binden, die viel dringender in weitaus produktiveren Bereichen im Unternehmen benötigt werden. In der Digitalisierung der Informationsflüsse für Antrags- und Genehmigungsverfahren und die Wiederverwendung von vorhandenen Daten, sehen wir den größten Hebel, um Bürokratie zu senken. Es braucht digitaltaugliche Gesetze mit Einbezug entsprechender Fachexpertise und der Berücksichtigung der Unternehmensrealität. Unser Anspruch ist, Verfahren zu straffen und u.a. stärker zu digitalisieren und Genehmigungen zu vereinfachen. Der Antrags- und Bewilligungsprozess von Fördermitteln einschließlich der Kontrolle und Prüfung muss auf das notwendige Maß begrenzt werden. Wir wollen eine Bewilligungsfiktion für Bescheide einzuführen.

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Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs und was sind Ihre Konzepte zur Verbesserung der Standortbedingungen?

Vor allem in den vergangenen zwei Jahren konnte sich Brandenburg deutlich vom Bundestrend absetzen. Dies ist im Wesentlichen dem Produktionsstart von Tesla geschuldet. 99,4 Prozent der Betriebe im Land haben aber weniger als 250 Beschäftigte, gehören damit zu den KMU und bilden den Grundpfeiler unserer Wirtschaft. Neben der inflationär bedingten Kaufzurückhaltung, großen gesellschaftlichen Unsicherheiten sowie steigenden Preisen bei Rohstoffen, Material und vor allem Energie ist ihre größte Sorge die Fachkräftesituation.

Wir setzen uns für eine moderne Infrastruktur, gut ausgestattete Gewerbe- und Industriegebiete, die Verfügbarkeit Erneuerbarer Energie und eine hohe Arbeits- und Lebensqualität, welche die Entwicklung der regionalen Wertschöpfung begünstigen. Die Etablierung Guter Arbeit und die Stärkung der Tarifbindung sind hier ebenfalls für uns von Bedeutung. Wir setzen uns deshalb für einen Mindestlohn von 15 Euro ein. Auch die Digitalisierung und Dekarbonisierung betrifft Unternehmen jeder Größe. Neben den Industriestandorten werden wir insbesondere die KMU bedarfsgerecht bei Innovationen, Investitionen und der Sicherung des Fach- und Arbeitskräftebedarfes unterstützen und fördern.

Der Beitrag W+M-Parteien-Umfrage: Brandenburg hat die Wahl. Sebastian Walter (DIE LINKE) erschien zuerst auf Wirtschaft und Markt.