Wenn es um Marken, Marketing und Medien geht, bildet Ostdeutschland einen eigenen Identitätsraum, der er eine entsprechende Ansprache erfordert. Das hat die Werbeagentur Zebra Group mithilfe einer Umfrage herausgefunden.

Junge Ostdeutsche nutzen der Zebra-Studie zufolge am stärksten neue Medien. Abbildung: Lev Dolgachov, Depositphotos

Nur noch zehn Prozent der jungen Ostdeutschen konsumieren klassische Medien (im Westen jeder Zweite). Dafür liegen sie der Zebra-Studie zufolge bei der Nutzung neuer Medien vorn. Abbildung: Lev Dolgachov, Depositphotos

2024 beauftragte die Zebra Group das Marktforschungsinstitut Civey mit einer Studie unter Deutschen in den Kategorien „Vorwende-Ostdeutsche“ und „Vorwende-Westdeutsche“ (geboren vor 1989) sowie „Nachwende-Ostdeutsche“ und „Nachwende-Westdeutsche“ (geboren nach 1989). Insgesamt wurden 5.000 Personen über 18 Jahren aus Ost- und Westdeutschland befragt.

Die Ostdeutschen: selbstbewusst und familienorientiert

Der erste Teil der Studie beschäftigte sich mit persönlichen Eigenschaften. Auf die Frage, welche Eigenschaften einen selbst beschreiben, gibt es beim Thema „Selbstbewusstsein“ und „Rebellion“ Unterschiede zwischen Ost und West. Beim Thema Selbstbewusstsein schneiden alle fünf neuen Bundesländer besser ab als die elf alten Bundesländer. Mecklenburg-Vorpommern liegt mit 39,9 Prozent an der Spitze, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 38,1 Prozent und Thüringen mit 36,8 Prozent. Bei der Eigenschaft „Rebellion“ sieht es komplett anders aus. Hier sind die neuen Bundesländer die Schlusslichter: Mecklenburg-Vorpommern erreicht mit 8,6 Prozent den niedrigsten Wert.

Einigkeit besteht dagegen beim Thema „Karriereorientierung“. Nur 5,5 Prozent der Ost- und Westdeutschen betrachten sich als karriereorientiert, während sich 23,9 Prozent der Ostdeutschen und 23,7 Prozent der Westdeutschen als „zurückhaltend“ einschätzen. Sehr starke Werte gibt es jeweils bei der „Familienorientierung“. Die Ostdeutschen erreichen 39,9 Prozent, die Westdeutschen 33,1 Prozent.

Starker Zusammenhalt in Ostdeutschland

Bei der Selbsteinschätzung gibt es starke Unterschiede zwischen den Generationen. In puncto Karriereorientierung erreichen Nachwende-Ostdeutsche (15,2 Prozent) und Nachwende-Westdeutsche (10,1 Prozent) höhere Werte als die Vertreter der Vorwendegeneration. Die Familienorientierung ist in der Nachwendegeneration dafür geringer (28 Prozent in Ostdeutschland und 25,9 Prozent in Westdeutschland). Unterschiede zwischen den beiden Nachwendegenerationen gibt es bei der „Anpassungsfähigkeit“ und „Feinfühligkeit“. Die befragten Nachwende-Ostdeutschen schneiden mit 18,5 Prozent bei Anpassungsfähigkeit und 16,5 Prozent bei Feinfühligkeit schlechter ab als die Nachwende-Westdeutschen mit 26,2 bzw. 24,9 Prozent. Spannend ist bei der Anpassungsfähigkeit auch, dass die befragten Vorwende-Ostdeutschen mit 34,1 Prozent stark abschneiden.

Bei den regionalen Eigenschaften werden die Unterschiede zwischen Ost und West an zwei Themen deutlich. So empfinden die Ost-Bundesländer mit 45,6 Prozent „Heimatliebe“ für ihre Region, während es bei den West-Bundesländern nur 30,7 Prozent sind. Die Einschätzung der Lebensqualität ist bei den westdeutschen Befragten mit 47,2 Prozent höher als bei den ostdeutschen Befragten (35,6 Prozent). Die ostdeutschen Bundesländer schneiden beim Thema Zusammenhalt stark ab. Die Vorwende-Ostdeutschen erreichen 21,9 Prozent, die Nachwende-Ostdeutschen 19,3 Prozent. Bei den Nachwende-Westdeutschen (3,8 Prozent) und den Vorwende-Westdeutschen (13,2 Prozent) ist dieser Wert niedriger.

Nachwende-Ostdeutsche setzen auf neue Medien

Auch beim Medienkonsum gibt es zwischen beiden Teilen Deutschlands erhebliche Unterschiede. Die Befragten in den neuen Bundesländern erreichen einen Wert von 10,6 Prozent bei klassischen Medien (Thüringen ist mit 46,1 Prozent ein Ausreißer nach oben). Die westdeutschen Bundesländer erreichen hier 47 Prozent.

Beim Thema Medienkonsum werden auch Generationsunterschiede sichtbar. So konsumieren die befragten Nachwende-Westdeutschen mit 31,8 Prozent deutlich mehr „klassische Medien“ als die Nachwende-Ostdeutschen (10,6 Prozent). Bei „neuen Medien“ ist es genau umgekehrt. Hier schneiden die Nachwende-Ostdeutschen mit 65,7 Prozent sehr stark ab, während die Nachwende-Westdeutschen einen Wert von 47 Prozent erreichen. Auch zwischen der Nachwende- und der Vorwendegeneration gibt es deutliche Unterschiede beim Konsum neuer Medien. Die Vorwende-Deutschen in Ost und West erreichen beide einen Wert von unter 20 Prozent beim Konsum neuer Medien.

Ostdeutsche kaufen öfter online

Eine sehr starke Einigkeit beider Teile Deutschlands zeigt sich der Umfrage zufolge beim Thema Markentreue. 57,2 Prozent der ostdeutschen und 60,7 Prozent der westdeutschen Befragten geben an, dass sie bei einem einmal ausgesuchten Produkt bleiben. Nachwende-Ostdeutsche (77,1 Prozent) und Nachwende-Westdeutsche (73,1 Prozent) liegen hier mit ihren Werten sehr nah beieinander. Unterschiede zeigen sich bei den befragten Ostdeutschen bei der Suche nach alternativen Marken. Die Vorwende-Ostdeutschen erreichen mit 22,4 Prozent den höchsten Wert, während die Nachwende-Ostdeutschen mit 9,7 Prozent den niedrigsten Wert erzielen.

Eine weitere Einigkeit gibt es beim Konsum von Büchern, Mode und Elektronik. 34,1 Prozent im Osten und 40,8 Prozent im Westen bevorzugen den Vor-Ort-Einkauf. Beim Online-Shopping liegt Brandenburg mit 38,3 Prozent an der Spitze. Die jungen Ostdeutschen schneiden beim Online-Shoppen mit 44,6 Prozent am besten ab, beim Vor-Ort-Einkauf kommen sie mit 27,6 Prozent auf den niedrigsten Wert. Bei den Nachwende-Westdeutschen ist der Anteil der Vor-Ort-Einkäufer mit 38,6 Prozent deutlich höher.

Ostdeutsche schätzen realitätsnahe Werbung

Die Umfrageteilnehmer wurden auch gefragt, welche Eigenschaften für sie gute Werbung ausmachen. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Bundesländern. Zwar schneidet Humor mit 41,8 Prozent am besten ab, jedoch sind die Werte in Westdeutschland (Bremen und Hamburg) deutlich höher als im Osten. Die höchsten Werte bei der Eigenschaft „Realitätsnähe“ wurden jedoch in Mecklenburg-Vorpommern (36,9 Prozent) erzielt, aber auch Brandenburg (35,1 Prozent), Thüringen (35,1 Prozent) und Sachsen-Anhalt (33,5 Prozent) schneiden hier stark ab. Unterschiede gibt es bei den Vorlieben von Nachwende-Ost- und Nachwende-Westdeutschen. Während Nachwende-Westdeutsche Inspiration und Fantasie schätzen, sehen Nachwende-Ostdeutsche Regionalität und Realitätsnähe als wichtigstes Kriterium.

Laut der Studie sehen 41 Prozent in beiden Teilen Deutschlands Werbung kritisch. Die höchsten Werte bei „kritisch“ erreichen ein westdeutsches Bundesland (Schleswig-Holstein mit 44,5 Prozent) und ein ostdeutsches Bundesland (Thüringen mit 43,3 Prozent). Bei der noch stärkeren Eigenschaft „skeptisch“ sind drei ostdeutsche Bundesländer die Spitzenreiter. Sachsen kommt auf 40,1 Prozent, Brandenburg auf 40,9 Prozent und Sachsen-Anhalt auf 39,6 Prozent. Einen starken Unterschied gibt es bei der Offenheit gegenüber Werbung. Hier schneiden Vorwende-Ostdeutsche (7,3 Prozent) und Nachwende-Ostdeutsche (8,1 Prozent) niedriger ab als Vorwende-Westdeutsche (12,1 Prozent) und Nachwende-Westdeutsche (14,3 Prozent).

Als Fazit bleibt, dass die Studie sowohl verbindende Eigenschaften als auch Unterschiede deutlich machte. Letztere betrafen nicht nur Ost- und Westdeutschland, sondern auch die ost- und westdeutschen Generationen untereinander. Genauso wurden aber Verbindungen bei beiden Generationen deutlich.

Der Beitrag Marketing im Osten: Wo die Deutschen unterschiedlich ticken und kaufen erschien zuerst auf ostdeutschland.info.